Warum arbeite ich mit Pferden?
Ich werde immer wieder gefragt, warum ich in Workshops, Coaching, Beratung und Therapie mit Pferden arbeite.
Pferde leben im Hier- und Jetzt
Pferde leben im Hier und Jetzt, Pferde sind Meister des Augenblicks. Sie spüren die Gefahr, rennen um ihr Leben und kehren zurück zum Grasen. Sie grübeln nicht darüber nach, dass sie vor einem Raubtier davonlaufen mussten und sie liegen nicht die ganze Nacht wach und fragen sich, warum Gott überhaupt Raubtiere erfunden hat. Wenn wir mit Gefühlen ebenso umgehen würden wie Pferde, wären viele Psychotherapeuten arbeitslos. Diese Eigenschaft zeigen die Pferde natürlich auch im Umgang mit uns Menschen. Den Pferden können wir nichts vormachen. Den Pferden ist unsere Visitenkarte egal. Pferde reagieren unbeeinflusst von unserem Status nur auf das, was ihnen aktuell vom Menschen geboten wird.
Pferde spiegeln unsere Gefühle
In einer 2009 veröffentlichten Studie beschreiben Forscher der schwedischen Universität für Agrarwirtschaft den Effekt nervöser Menschen auf die Herzfrequenz von Pferden. Personen sollten Pferde eine Wegstrecke führen, und man erzählte ihnen, dass eine Person am Wegesrand gleich einen Schirm öffnen würde, um die Pferde zu erschrecken. Die Person hat den Schirm nicht geöffnet, aber was passierte trotzdem? Die Herzfrequenz der Pferdeführer stieg an und die Herzfrequenz der Pferde auch. Warum?
Aufgrund ihrer Evolution als Beutetiere haben Pferde gelernt, feinste Signale wahrzunehmen. So wie es in der Evolution wichtig war, ein hungriges Raubtier von einem satten zu unterscheiden, können Pferde auch uns Menschen mit allen unseren Gefühlsregungen „lesen“. Und wenn wir uns davor fürchten, dass das Pferd sich gleich erschrecken könnte, weil jemand einen Schirm öffnen könnte, zeigt sich das unbewusst in unserem Körper und unserer Körpersprache und auch die Pferde spüren die Gefahr. Diese Sensibilität der Pferde für unsere Gefühlsregungen machen wir uns in den Workshops und Coachings zu Nutze. Denn viele unserer inneren Prozesse laufen nicht bewusst ab, aber drücken sich in unserem Körper und unserer Körpersprache aus. Pferde können hier als „Übersetzer“ dienen.
Pferde blicken hinter unsere Fassaden
Aber Pferde können noch mehr unserer unbewussten Anteile ans Tageslicht fördern. Während wir als kleine Kinder noch im Einklang mit uns und authentisch leben, verlernen wir das auf dem Weg in unser Erwachsensein zunehmend. Durch Eltern, Lehrer und Freunde haben wir gelernt, dass man sich an gewisse Regieanweisungen zu halten hat, wenn man geliebt und anerkannt werden möchte. So kommt es, das wir uns nach und nach von vielem an uns selbst distanzieren, was nicht den gesellschaftlichen Normen oder unserem eigenen Ich-Ideal entspricht. Und so kommt es bei vielen von uns dann letztendlich dazu, dass wir zunehmend hinter Fassaden leben und in Rollen aufgehen und unsere eigenen Bedürfnisse gar nicht mehr kennen: die Selbstlose, die sich für alle aufopfert, der Coole, der immer alles im Griff hat oder das nette Mädchen oder der nette Kerl, der niemals aneckt. Hinter all diesen Masken verlieren wir mit der Zeit den Menschen aus den Augen, der wir wirklich sind.
Pferde können uns dabei helfen, uns wieder mit unserem authentischen Kern zu verbinden. Denn Pferden können wir nichts vormachen. Pferde schauen hinter die Fassade. Solange wir unsere Rollen spielen und nicht authentisch agieren, sind Pferde nicht bereit, eine wirkliche Verbindung mit uns einzugehen. Diese Sensibilität der Pferde für wahrhaft authentische Prozesse machen wir uns in den Workshops und Coachings zu Nutze. Erst wenn wir unsere Rollen ablegen und uns auf uns selbst besinnen, auf das, was wir wirklich sind, erleben wir echte Beziehungen.
Pferde sind ideale Co-Trainer
Während andere Menschen schon nach kurzem Kontakt mit uns ihre (Vor-) Urteile treffen, reagieren Pferde immer nur auf die aktuelle Situation. Da Pferde nicht werten und nicht urteilen, geben sie uns immer ein korrektes und authentisches Feedback zu unserem Verhalten. Und so haben wir die Chance, mit ihnen zu lernen.